Antisemitismus - ein Phänomen, das uns nichts angeht?

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Antisemitismus - ein Phänomen, das uns nichts angeht?

Den Opfern der Nationalsozialisten zu gedenken, die Erinnerung an die begangenen Verbrechen wachzuhalten und sich klar gegen jegliche Formen des Antisemitismus zu positionieren – das sind Ziele, die sich die Gedenkfeier der Stadt Lippstadt anlässlich der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 auf die Fahnen schreibt, denn auch in unserer Stadt brannte die Synagoge, wurden jüdische Geschäfte zerstört und jüdische Mitbürger*innen verhaftet und verschleppt. Leider wurde die diesjährige Gedenkveranstaltung seitens der Stadt schon frühzeitig abgesagt. Dies nahm sich der Zusatzkurs Geschichte 1 der Jahrgangsstufe Q2 zum Anlass, sich näher mit aktuellen Formen des Antisemitismus zu beschäftigen. Es zeigte sich, dass Verschwörungstheorien, Anfeindungen gegen jüdische Mitbürger*innen und Anschläge auf jüdische Einrichtungen leider Teil unseres gesellschaftlichen Lebens geworden sind und deutliche Zeichen sind, vor denen man nicht die Augen verschließen darf.

Darüber hinaus erforschten die Schüler*innen aber auch, welche Spuren jüdische Mitbürger*innen in unserer Stadt hinterlassen haben. In diesem Zusammenhang besuchten die Kursmitglieder das Lippstädter Stadtarchiv und erfuhren von Stadtarchivarin Dr. Claudia Becker am Beispiel der Familie Hammerschlag, dass jüdische Mitmenschen nicht nur auf ihr Leid und ihren Tod reduziert werden sollten, sondern dass es ebenso wichtig sei, zu zeigen, welche Spuren sie in der Gesellschaft hinterlassen haben. So waren die Hammerschlags beispielsweise angesehene Kaufleute in Lippstadt.

Anstelle eines Beitrags für die Gedenkfeier am 9. November entschied sich der Kurs eine kleine Ausstellung mit eigenen Forschungsergebnissen zu erstellen, die dann der Schulgemeinde gezeigt werden sollen. Inhaltlich wurden verschiedenste Facetten dieser sensiblen Thematik angeschnitten, aber auch methodisch und medial wurden unterschiedliche Formen ausprobiert. So gab es unter anderem auf Grundlage des Vortrags von Dr. Claudia Becker einen Podcast über die Familie Hammerschlag. Ein anderer Beitrag befasste sich mit Formen des Antisemitismus in der heutigen Zeit und zeigte Beispiele aus der Musik oder von Bekleidungsmarken, die entweder antisemitisch waren oder in rechtsradikalen Kreisen häufig zu finden sind. Eine Umfrage unter den Schüler*innen unserer Schule zeigte beispielsweise auch, dass viele gar nicht wissen, was Antisemitismus ist oder dass auch in Lippstadt Juden verfolgt und verhaftet wurden. Sicherlich ist das ein Zeichen, dass diese Thematik immer wieder ins Bewusstsein geholt werden muss.

Weitere Beiträge befassten sich mit den Geschehnissen der Reichspogromnacht in Lippstadt, mit jüdischer Bestattungskultur, mit der Tatsache, dass auch in Lippstadt Zwangsarbeit geleistet wurde und es zwei Außenlager des KZ Buchenwalds gab. Ein Filmbeitrag porträtierte Oskar Schindler, der sich von einem strammen Nationalsozialisten zu einem Unterstützer jüdischer Zwangsarbeiter entwickelte, indem er sie vor der Deportation in das Vernichtungslager Auschwitz bewahren konnte. Darüber hinaus beinhaltete das Ausstellungsprojekt Statistiken, die schonungslos aufzeigten, wie viele Menschen dem Holocaust zum Opfer fielen.

Einen letzten Schwerpunkt bildete die Frage nach den Formen, wie wir heutzutage den Verbrechen der Nationalsozialisten erinnern und den Opfern gedenken sollen. Verschiedene Arten des Gedenkens, wie zum Beispiel das Stolperstein-Projekt, wurden vorgestellt und kritisch hinterfragt. Die nächste Stolperstein-Verlegung, die in Lippstadt stattfinden soll, wird der bereits erwähnten Familie Hammerschlag gewidmet. Die Aufarbeitung der Familienbiographie soll von interessierten Schüler*innen unserer Marienschule übernommen werden. Vielleicht ist es ein Anlass für den einen oder die andere, eine spannende Familiengeschichte zu erforschen und einen wichtigen Beitrag zur Geschichtskultur unserer Stadt Lippstadt beizutragen.

Einig waren sich die Schüler*innen des Zusatzkurses Geschichte, dass das Gedenken und das Erinnern nicht aufhören darf angesichts der Entwicklungen, die wir in Deutschland wieder erleben.

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